Das Thema künstliche Intelligenz (KI) ist allgegenwärtig und beeinflusst immer mehr Bereiche unseres Lebens. Besonders im Kontext von Wahlen und politischer Willensbildung stellt sich die Frage, wie KI den demokratischen Prozess verändert und welche Herausforderungen sich daraus ergeben.
Höre dir eine KI-generierte Zusammenfassung als Audio-Podcast an:
In einer kürzlich stattgefundenen Online-Podiumsdiskussion moderierte Lukas Spahlinger, Referent für digitale Welt im Zentrum gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, ein Gespräch zu diesem Thema. Auf dem Podium saßen Jasmin Fitzpatrick, Postdoktorandin und Expertin für politische Soziologie und Kommunikation an der Universität Mainz, sowie Ingo Dachwitz, Journalist und Autor bei netzpolitik.org.
Schaue dir den kompletten Talk an:
Deepfakes und ihr Einfluss auf den Wahlprozess
Ein zentrales Thema der Diskussion war die Verbreitung von sogenannten Deepfakes – manipulierten Bild-, Audio- oder Videomaterialien, die mithilfe von KI erstellt werden. Diese Technologien ermöglichen es, täuschend echte Inhalte zu generieren, die auf den ersten Blick schwer von authentischem Material zu unterscheiden sind. Jasmin Fitzpatrick berichtete von ihrem eigenen Erlebnis mit dem berühmten Foto des Papstes in einer modischen Daunenjacke, das sie zunächst für echt hielt. Sie betonte, dass Deepfakes im Wahlkampf ein erhebliches Manipulationspotenzial besitzen und das Vertrauen in politische Akteure untergraben können.
Ingo Dachwitz ergänzte, dass er persönlich zwar noch nicht auf einen Deepfake hereingefallen sei, aber die Gefahr darin sieht, dass solche Fälschungen immer schwerer zu erkennen sind. Er verwies auf einen kürzlich von der Trump-Kampagne verbreiteten Deepfake, in dem eine falsche Taylor Swift zur Unterstützung von Donald Trump aufrief. Solche Fälle zeigen, wie KI missbraucht werden kann, um Desinformationen zu verbreiten und Wählerinnen und Wähler zu manipulieren.
KI im Wahlkampf: Risiken und Potenziale
Die Teilnehmenden diskutierten, inwieweit KI den digitalen Wahlkampf verändert. Während die Befürchtungen hinsichtlich einer massiven Beeinflussung von Wahlen durch KI bislang nicht eingetreten sind, betonte Jasmin Fitzpatrick, dass allein die Möglichkeit der Manipulation bereits Auswirkungen auf das Verhalten der Wählerschaft hat. Die Wahrnehmung, dass Informationen gefälscht oder manipuliert sein könnten, kann zu Misstrauen führen und die demokratische Willensbildung beeinträchtigen.
Ingo Dachwitz hob hervor, dass KI auch positive Beiträge im Wahlprozess leisten kann. Beispielsweise können KI-Systeme dabei helfen, komplexe Wahlprogramme zusammenzufassen oder politische Inhalte für verschiedene Zielgruppen aufzubereiten. Allerdings betonte er, dass Transparenz und ethische Standards unerlässlich sind. Der Einsatz von KI sollte offen kommuniziert werden, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten.
Bildung und Medienkompetenz als Schlüssel zur Resilienz
Einigkeit herrschte darüber, dass Bildung und Medienkompetenz entscheidende Faktoren für die gesellschaftliche Resilienz gegenüber Manipulationen sind. Jasmin Fitzpatrick unterstrich die Notwendigkeit, Übungsräume zu schaffen, in denen Menschen lernen können, Informationen kritisch zu hinterfragen und Quellen zu überprüfen. Sie betonte, dass es wichtig sei, die eigene Fehlbarkeit zu akzeptieren und eine Kultur des Lernens und Hinterfragens zu fördern.
Ingo Dachwitz wies auf die Verantwortung der sozialen Medien und der großen Plattformbetreiber hin. Da ein Großteil der politischen Kommunikation mittlerweile über Plattformen wie Facebook, Instagram oder YouTube stattfindet, müssten diese Unternehmen stärker reguliert werden. Er kritisierte, dass die Geschäftsmodelle vieler Plattformen auf Manipulation basieren und forderte mehr Transparenz sowie eine intensivere Moderation von Inhalten.
Abschließend wurde hervorgehoben, dass die Herausforderungen, die durch den Einsatz von KI im Wahlprozess entstehen, nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Akteure bewältigt werden können. Lukas Spahlinger fasste zusammen, dass Politik, Gesellschaft, Bildungseinrichtungen und Technologieunternehmen gemeinsam Lösungen entwickeln müssen, um die Integrität von Wahlen zu schützen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Prozess zu stärken. Die Diskussion zeigte, dass zwar Risiken bestehen, aber auch Chancen genutzt werden können, wenn ein verantwortungsvoller Umgang mit KI gefördert wird.