Künstliche Intelligenz ist wie ein neues Multifunktionswerkzeug auf unserem digitalen Schreibtisch – faszinierend, vielseitig, aber oft schwer zu kontrollieren. Sprachmodelle wie ChatGPT schreiben Texte, beantworten Fragen oder liefern Ideen im Sekundentakt. Doch wer genauer hinschaut, merkt schnell: Vieles klingt gut, ist aber fachlich ungenau oder greift auf Quellen zurück, die nicht immer passen. Wie also lässt sich diese Technologie gezielter und verlässlicher nutzen?
In diesem Beitrag geht es darum, wie sogenannte „Custom GPTs“ – also individuell angepasste Versionen von ChatGPT – dabei helfen können, die Qualität der Ergebnisse deutlich zu verbessern. Statt sich auf ein allgemeines Modell zu verlassen, können Nutzerinnen und Nutzer diese Werkzeuge selbst inhaltlich ausrichten – und damit besser an die eigenen Bedarfe anpassen.
Warum generative KI oft unpräzise ist
Große Sprachmodelle wie ChatGPT wurden mit riesigen Mengen an Internettexten trainiert. Diese Daten stammen aus frei zugänglichen Quellen und wurden nicht redaktionell geprüft oder kuratiert. Das macht die Modelle zwar flexibel und vielseitig – aber nicht automatisch korrekt. Sie verfügen über kein echtes Weltverständnis und keine Kenntnis vom individuellen Nutzungskontext. Das führt häufig zu sogenannten „Halluzinationen“, also plausibel klingenden, aber faktisch falschen Aussagen. Besonders bei Fachbegriffen, regionalen Unterschieden oder aktuellen Entwicklungen kann es daher zu gravierenden Fehlern kommen.
Ein Beispiel: Bei der Erstellung einer Andacht oder eines Gottesdienstes in der evangelischen Kirche kann es vorkommen, dass das Modell Inhalte aus freikirchlichen Quellen nutzt, die theologisch oder liturgisch nicht passen – weil es nicht erkennt, welche konfessionellen Unterschiede relevant sind. Oder: Beim Verfassen eines Antrags für eine bestimmte Förderlinie kann das Modell eine Gliederung vorschlagen, die auf allgemeinen Textmustern basiert, aber nicht den spezifischen Anforderungen der Förderinstitution entspricht. Das kann dazu führen, dass wichtige inhaltliche Vorgaben übersehen oder falsch priorisiert werden.
Was sind Custom GPTs?
Nutzer*innen generativer KI haben in der Regel keinen Einfluss auf die Trainingsdaten der großen Sprachmodelle. Welche Inhalte ein Modell wie ChatGPT kennt oder gewichtet, ergibt sich aus der statistischen Analyse riesiger, nicht redaktionell geprüfter Daten – nicht aus gezielter inhaltlicher Steuerung durch die Anwendenden.
Custom GPTs sind deshalb eine wichtige Möglichkeit, diesen Mangel an Kontrolle auszugleichen. Es handelt sich um individuell angepasste Versionen von ChatGPT, die sich auf bestimmte Themen, Rollen oder Inhalte spezialisieren lassen. Sie werden von Nutzer*innen erstellt, die ein kostenpflichtiges ChatGPT Plus- oder Pro-Abo besitzen. Die erstellten Custom GPTs können anschließend von allen – auch von Menschen *mit kostenlosem Account – genutzt werden. Bei der Erstellung lassen sich systemische Anweisungen hinterlegen, eigene Dokumente hochladen oder spezifische Werkzeuge integrieren. So entstehen spezialisierte Sprachmodelle, die zum Beispiel nur mit definierten Materialien arbeiten oder in einem bestimmten Stil kommunizieren.
Gerade im Antragswesen kann das ein großer Vorteil sein: Wie im oben genannten Beispiel deutlich wird, schlagen allgemeine Sprachmodelle oft Gliederungen oder Inhalte vor, die nicht den Anforderungen einer spezifischen Förderlinie entsprechen. Mit einem Custom GPT lässt sich dieses Problem gezielt umgehen: Die komplette Förderrichtlinie, die zugehörigen Antragsanforderungen, vorgegebene Gliederungspunkte sowie frühere Konzepte und Dokumentationen können direkt in das Modell eingespeist werden. Dadurch greift das Sprachmodell nicht auf allgemeine Vorlagen oder Wahrscheinlichkeiten zurück, sondern auf genau die Daten, die für die konkrete Maßnahme relevant sind. So lassen sich Anträge passgenauer formulieren, strukturelle Fehler vermeiden und der fachliche Rahmen präzise einhalten. Die Anpassung erfolgt über ein benutzerfreundliches Interface direkt im ChatGPT-System und erfordert keine Programmierkenntnisse.
Qualitätsgewinn durch Custom GPTs
Mit Custom GPTs lässt sich die Qualität von Antworten gezielt steuern. Nutzerinnen und Nutzer erhalten erstmals die Möglichkeit, Einfluss auf die verwendeten Daten zu nehmen – und damit indirekt auf das „Trainingsverhalten“ der KI. Durch die Eingrenzung des thematischen Rahmens, die Definition von Rollen und Kommunikationsstilen sowie insbesondere durch die gezielte Hinterlegung eigener Materialien kann die KI auf verlässliche, kontextbezogene Inhalte zurückgreifen. Das erhöht die fachliche Tiefe, minimiert Fehler und verbessert die Anschlussfähigkeit an die jeweilige Zielgruppe.
Gerade im Bildungsbereich bietet sich damit ein enormes Potenzial: Ein Custom GPT für pädagogische Fachkräfte, das mit konkreten Handlungsempfehlungen, Fachbegriffen, Leitlinien oder Curricula ausgestattet ist, liefert deutlich relevantere und zielgerichtetere Ergebnisse als ein allgemeines Modell – und kann so gezielt in Fortbildungen, Beratungssituationen oder Unterrichtskontexten eingesetzt werden.
Risiken und Grenzen – auch Custom GPTs sind nicht perfekt
Trotz der Vorteile bleibt generative KI ein statistisches Vorhersagemodell – keine Quelle für gesichertes Wissen. Auch Custom GPTs können falsche Informationen ausgeben oder kontextblind agieren. Deshalb ist immer eine kritische Prüfung durch Menschen nötig. Zudem braucht es Transparenz: Wer ein Custom GPT einsetzt, sollte klar kennzeichnen, auf welchen Daten es basiert, für wen es gedacht ist und wo seine Grenzen liegen.
Vorsicht im GPT-Store
Viele Custom GPTs sind mittlerweile öffentlich im GPT-Store verfügbar. Doch hier ist Vorsicht geboten: Nicht alle dort angebotenen Modelle sind seriös oder nachvollziehbar erstellt. Oft fehlen Angaben zu Autorenschaft, Datenbasis oder Zielgruppe. Einige GPTs verweisen auf kostenpflichtige, intransparente Angebote, zu denen man sich separat registrieren muss – ein Umstand, der es zusätzlich erschwert, die Zuverlässigkeit und Seriosität der Ersteller einzuschätzen. Besonders im Bildungs- und Fachkontext sollte man deshalb lieber eigene Modelle erstellen oder auf geprüfte Quellen zurückgreifen, um die Qualität und Sicherheit der Ergebnisse zu gewährleisten.
Datenschutz beim Einsatz von Custom GPTs
Auch bei der Verwendung von Custom GPTs müssen die geltenden datenschutzrechtlichen Grundsätze eingehalten werden. Insbesondere der Umgang mit personenbezogenen Daten unterliegt strengen Vorgaben. Eine Verarbeitung solcher Daten ist nur zulässig, wenn eine rechtliche Grundlage vorliegt – beispielsweise eine Einwilligung oder eine gesetzliche Regelung. Das stellt auch Anforderungen an die Gestaltung von Custom GPTs: Wer mit sensiblen Informationen arbeitet, muss geeignete Maßnahmen wie Anonymisierung oder Pseudonymisierung ergreifen.
Gerade im Bildungs- und Sozialbereich erfordert das oftmals kreative Lösungen, um einerseits die Vorteile der Technologie zu nutzen und andererseits den Schutz der betroffenen Personen sicherzustellen. Der verantwortungsvolle Einsatz von Custom GPTs verlangt daher eine entsprechende Fachkompetenz der Nutzer*innen – sowohl im Hinblick auf das inhaltlich gezielte Training und die Anpassung der Modelle als auch hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Grundlagen. Nur wer beides zusammen denkt, kann KI sinnvoll, sicher und zweckgerichtet einsetzen.
Besser nutzen statt blind vertrauen
Custom GPTs bieten eine große Chance: Sie ermöglichen es, KI genau an die eigenen Anforderungen anzupassen – und damit nützlicher, verlässlicher und sicherer zu machen. Doch sie ersetzen weder Fachwissen noch kritische Reflexion. Wer generative KI sinnvoll einsetzen möchte, muss sie gestalten, kontrollieren und verantwortungsvoll einbetten – besonders im Bildungsbereich. Der Schlüssel liegt nicht in der Technik, sondern in der Art, wie wir sie nutzen.
Alternative Tools im Überblick
Dabei sind Custom GPTs von OpenAI nicht die einzige Möglichkeit, Sprachmodelle individuell anzupassen: Auch andere Plattformen bieten vergleichbare Funktionen an. So ermöglicht etwa Google mit dem Tool „NotebookLM“ oder „Claude“ von der Firma Anthropic die Arbeit mit eigenen Dokumenten als Wissensbasis für ein KI-Modell. Auch Open-Source-Tools wie LMStudio bieten Anpassungsmöglichkeiten, wobei die Qualität dieser Modelle teilweise noch stark entwicklungsbedürftig ist.
Es lohnt sich daher, die jeweiligen Angebote sorgfältig zu prüfen und je nach Einsatzkontext und Zielgruppe eine fundierte Entscheidung zu treffen. Letztlich sollte aber nicht das Tool im Mittelpunkt stehen, sondern der Zweck: Es geht darum, KI-Anwendungen so zu gestalten, dass sie zu den konkreten Bedarfen und Anforderungen passen – nicht umgekehrt. Welches Tool dafür gewählt wird, ist insofern zweitrangig, solange es die notwendige Funktionalität, Sicherheit und Passung für den jeweiligen Einsatzkontext bietet.
Unsere öffentlichen CustomGPTs zum Ausprobieren
Wir haben selbst verschiedene Sprachmodelle für spezifische Anwendungszwecke angepasst – einige davon stellen wir auch öffentlich im GPT-Store zur Verfügung. Diese Modelle verstehen sich als Einladung zum Ausprobieren und Weiterdenken. Sie sind nicht perfekt und beanspruchen keine Vollständigkeit, aber sie bieten einen Einstieg und Impuls für den eigenen Einsatz. Rückmeldungen, Anregungen und Verbesserungsvorschläge nehmen wir jederzeit gern entgegen.
- Leichte Sprache: Transformiert komplexe Texte in leichte Sprache
- Einfache Sprache: transformiert komplexe Texte in einfache Sprache nach DIN ISO 24495-1:2024-03 + 8581-1
- Schreiben fürs Hören: Erstellt Texte, die gehört werden sollen nach der gleichnamigen Methode.
- Protokollanten-Stadl: Erstellt Protokolle nach DIN-5008